S.M.S. SEYDLITZ
Die S.M.S. Seydlitz war ein Schlachtkreuzer der Kaiserlichen Marine. Sie war ein Einzelschiff, hatte also keine baugleichen Schwesterschiffe. Gebaut wurde die Seydlitz bei Blohm & Voss in Hamburg, wo sie 30.03.1912 vom Stapel lief.
Die Indienststellung durch die Kaiserliche Marine erfolgte am 22.05.1913 in Kiel. Es folgte bis zum 17.08.1913 die Erprobung des Schiffs in der Ostsee. Noch während der Erprobung erfolgte am 29.06.1913 eine Besichtigung des Schiffs durch Kaiser Wilhelm II und am 3.07.1913 durch König Victor Emanuel III von Italien. Nach der erfolgreichen Beendigung der Erprobung am 31.08.1913 wurde das Schiff dem Verband der Aufklärungsstreitkräfte der Hochseeflotte zugeteilt.
Mit der Einschiffung von Konteradmiral Hipper am 23.06.1914 wurde der Schlachtkreuzer zum Flaggschiff der Aufklärungsstreitkräfte. Es folgte im Juli noch eine Norwegenreise mit Gefechtsübungen bis die Flotte aufgrund der aufziehenden Kriegsgefahr zurück in die Heimat beordert wurde. Ab 01.08.1914 lag Seydlitz auf Wilhelmshaven-Reede zur Sicherung der Deutschen Bucht.
Anfang November folgte für die Seydlitz mit der Teilnahme am Vorstoß an die englische Ostküste in der Zeit vom 2. - 4.11.1914 der erste Kriegseinsatz. Zusammen mit S.M.S. Moltke, S.M.S. von der Tann und S.M.S. Blüchern sowie einigen Kleinen Kreuzern wurde die englische Küstenstadt Great Yarmouth rd, 20 Minuten lang beschossen. Hierbei kam es auf Seydlitz bei einem Geschütz zu einem Rohrkrepierer, so dass das Schiff am 6.11.1914 in die Werft kam.
Bereits am 15.12.1914 folgte der nächste Vorstoß der deutschen Schlachtkreuzer zur Beschießung der Städte Hartlepool, Whitby und Scarboruogh. Seydlitz beschoss bei diesem Vorstoß zusammen mit S.M.S. Moltke und S.M.S. Blücher am Morgen des 16.12.14 zwischen 9:21 und 9:46 Uhr Hartlepool. 1.150 verschossene Granaten der Kaliber 8,8 cm, 21 cm und 28 cm forderten an Land 18 tote Soldaten und 114 Zivilisten sowie zahlreiche Verwundete. Allerdings stießen die deutschen Schiffe hier auch auf Widerstand und wurden sowohl von den dortigen Küstenbatterien beschossen, als auch von Zerstörern angegriffen. Ein Torpedo ging lediglich 20 m am Bug der Seydlitz vorbei und 3 Artillerietreffer der Landbatterien führten zu einigen Verwundeten und leichteren Schäden auf dem Schiff. Zur Behebung der Schäden war die Seydlitz vom 18.12. bis zum 22.12.1914 auf der Werft in Wilhelmshaven, bevor es am 23.12.1914 zurück auf Wilhelmshaven-Reede ging.
Das Jahr 1915 begann mit dem Vorstoß der I. und II. Aufklärungsgruppe zur Doggerbank am 24.01.1915. Aufgrund erfolgreicher Funkaufklärung erhielten die Engländer von diesem Vorstoß so frühzeitig Kenntnis, dass sie überlegene Kräfte auf den deutschen Verband ansetzen konnten. Als Admiral Hipper den Feind erkannte, drehte er unverzüglich ab, konnte sich jedoch aufgrund der geringen Geschwindigkeit der S.M.S. Blücher den Engländern nicht entziehen. In dem folgenden Gefecht wurde auf deutscher Seite nicht nur die S.M.S. Blücher versenkt, sondern auch die Seydlitz durch einen Treffer schwer beschädigt. Um 9:43 traf eine 34 cm-Granate des englischen Schlachtkreuzers Lion den achternen Geschützturm D. Sie durchschlug das Deck, aber nicht den gepanzerten Geschützturm, entzündete aber dort liegende Bereitschaftsmunition. Die Besatzung des Turms versuchte sich vor den Flammen durch eine normalerweise geschlossene Luke zu retten. Hierdurch drangen Flammen in eine weitere Munitionskammer und von dort in Turm C. Dort kam es zu einer gewaltigen Explosion von 6.000 kg Pulver, die 165 Mann in Sekundenbruchteilen auslöschte. Eine gewaltige Feuersäule stieg über dem Schiff auf und nur dem selbstlosen Einsatz des Pumpenmeisters Heidkamp, der die Munitionskammer noch fluten konnte, war es zu verdanken, dass nicht das komplette Schiff in die Luft flog. Die Seydlitz sackte mit dem Heck deutlich ab und erhielt um 11:25 Uhr einen zweiten Treffer mitschiffs.
Allerdings hatten auch die deutschen Schiffe ausgeteilt. Die Lion erhielt mehrere Treffer von Seydlitz und S.M.S. Derfflinger, so dass sie zurückfiel, und auch auf der H.M.S. Tiger erzielte die Seydlitz 8 Treffer. So gelang es den deutschen Schlachtkreuzern unter Zurücklassung der waidwund geschossenen S.M.S. Blücher sich vom Feind zu lösen.
Die in der Doggerbankschlacht erlittenen Schäden machten einen längeren Aufenthalt auf der kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven nötig, der bis zum 30.03.1915 dauerte. Kaiser Wilhelm II besichtigte das Schiff am 04.02.1915 um sich ein Bild von den Schäden zu machen.
Nach der Rückkehr zur Flotte wurde die Seydlitz zum neuen Flaggschiff von Admiral Hipper. Der Rest des Jahres blieb trotz der Teilnahme an mehreren Vorstößen in der Nordsee (17./18.4., 21./22.4., 17./18.5., 29./30.5, 23./24.5. und 11./12.09.) sowie in der Ostsee (3. - 21.08.) ohne nennenswerte Gefechtsberührungen. Neben diesen jeweils nur kurzen Einsätzen standen vor allem mehrfache Schießübungen sowie Werftaufenthalte – z.B. vom 9. - 12.5. zur Änderung an der Ölzusatzfeuerung - auf dem Programm.
1916 brachte für die Seydlitz zunächst einen erfolglosen Vorstoß in die Hoofden vom 05. - 07.03.1916. Am 27.03.1916 schiffte sich dann Konteradmiral Boedicker als Vertreter des erkrankten Hipper auf dem Schiff ein. Es folgte am 24.04.1916 ein erneuter Vorstoß der Flotte zur englischen Ostküste mit der Beschießung von Lowestoft und Great Yarmouth. Bei diesem Unternehmen erlitt die Seydlitz gegen 15:38 einen Minentreffer, der ein rd. 15 m großes Loch im Rumpf an Steuerbord verursachte. 11 Mann der Besatzung kamen ums Leben und 1.400 t Wasser liefen in das Schiff. Die Beseitigung der Schäden in Wilhelmshaven dauerte über einen Monat, ab 28.05.1914 war das Schiff wieder einsatzbereit.
Bei der Hochseeflotte hatte Admiral Scheer schon sehnlichst auf die Rückkehr der Seydlitz gewartet, da er einen größeren Vorstoß der Flotte in Richtung Skagerrak beabsichtigte und dabei auf den kampfkräftige Schlachtkreuzer nicht verzichten wollte. In der Nacht zu 31.05.1916 war es dann so weit und gegen 2:00 Uhr hieß es für die Seydlitz und die 4 anderen Schlachtkreuzer der I. Aufklärungsgruppe Anker auf und Marsch nach Norden. Rund 1,5 Stunden später setzte sich dann auch die übrige Hochseeflotte in Marsch.
Die Engländer wussten durch Ihre Funkaufklärung von dem deutschen Vorstoß und sahen ihre Chance, die Hochseeflotte zu schlagen. Sie setzten ihre Grand Fleet in Marsch. Da jedoch auch die Engländer trotz Funkaufklärung kein exaktes Lagebild hatten, kam es gegen 16:29 Uhr für beide Parteien überraschend zur Sichtung zwischen Hippers Aufklärungsgruppe und Admiral Beattys Schlachtkreuzer. Um 16:48 Uhr eröffneten Seydlitz und die anderen Schiffe das Feuer auf eine Entfernung von 13 km. In dem folgenden Gefecht musste Seydlitz 2 Treffer von der Queen Mary hinnehmen, aber um 17:26 Uhr flog die Queen Mary im konzentrierten Feuer von Seydlitz und S.M.S. Derfflinger in die Luft. Kurze Zeit später kam es zum Angriff von Torpedobooten auf den jeweiligen Gegner und gegen 17:57 Uhr traf ein englischer Torpedo die Seydlitz steuerbord unterhalb des vorderen Turms und verursachte ein Loch in der Bordwand von 12 x 4 m. Trotzdem war das Schiff weiter in der Lage die Linie zu halten. Die führenden dt. Schiffe waren inzwischen auch in die Reichweite der englischen Hauptflotte gekommen und in der nächsten ¼ Std. wurde die Seydlitz von zwei 38 cm-Granaten der englischen Schlachtschiffe getroffen. Durch die bisher erhaltenen Artillerietreffer waren auf der Seydlitz bereits eine ganze Reihe der Geschütze außer Gefecht gesetzt.
Gegen 19:00 Uhr kam es dann auch zur erneuten Annäherung von Hippers Schlachtkreuzern und den englischen Schiffen unter Beatty, der versuchte die deutschen Schlachtkreuzer vom Gros der Grand Fleet abzudrängen. In den folgenden Minuten wurde alleine die Seydlitz sechsmal im vorderen Teil des Schiffs getroffen und Hipper war aufgrund des konzentrierten Feuers gezwungen, mit seinen Schiffen abzudrehen. Während diesem Rückzug nahm Seydlitz immer mehr Wasser auf, so dass der Bugbereich immer tiefer sackte, zudem hatte das Schiff Schlagseite nach steuerbord.
Trotz dieses angeschlagenen Zustandes musste auch die Seydlitz gegen 20:15 Uhr nochmals der gegnerischen Flotte entgegenfahren, als Admiral Scheer den Schlachtkreuzern den Angriff auf die britische Spitze befehlen musste, um seinen übrigen Schiffen mit einer dritten Gefechtskehrtwendung ein Absetzen vom Feind zu ermöglichen. Mit hoher Fahrt näherten sich die 4 Schlachtkreuzer der englischen Spitze nochmals bis auf 7 km – wobei Seydlitz noch einen Treffer auf der an der Spitze laufenden HMS Colossus erzielen konnte – bevor auch die Schlachtkreuzer sich zurückziehen konnten.
In der aufkommenden Dunkelheit kam es zunächst zu einer Gefechtspause, die auf Seydlitz auch genutzt wurde, um Löscharbeiten durchzuführen und einige Schäden zu beseitigen. Gegen 21.20 Uhr kam es jedoch nochmals zu einem Gefecht zwischen den Schiffen von Admiral Beatty und den deutschen Schlachtkreuzern. Bei dem auf kurze Entfernung geführten Gefecht wurde auch die Seydlitz mehrfach getroffen.
Als sich die beiden Verbände in der Dunkelheit aus den Augen verloren, war die Schlacht für die Seydlitz beendet und es ging nur noch darum, nach Hause zu kommen. Das Schiff hatte in dieser Schlacht 376 Schuss ihrer schweren Artillerie abgefeuert und ca. 10 Treffer erzielt, hatte aber auch selbst einen Torpedotreffer, 22 Treffer schwerer Artillerie und zwei Treffer mittleren Kalibers abbekommen. Es befand sich während dem Rückmarsch mit rd. 5.000 t Wasser im Schiff und fast vollständig untergetauchtem Bug in kritischem Zustand und musste zeitweise rückwärts gefahren werden, um den Wassereintritt durch das Loch im Bug zu vermindern und die Schotten zu entlasten. Nur mit äußerstem Einsatz der Besatzung gelang es schließlich am 02.06.1916 die Außenjade zu erreichen und am 06.06.1916 in Wilhelmshaven einzulaufen. An Bord befanden sich 98 Tote und 55 Verwundete.
Aufgrund der erlittenen Schäden befand sich das Schiff bis zum 01.10.1916 in der Kaiserlichen Werft zur Reparatur und kehrte Anfang November 1916 zur Flotte zurück.
Am 4./5.11.1916 war die Seydlitz an einem Vorstoß an die dänische Westküste beteiligt, der der Hilfeleistung und Sicherung der beiden dort auf Grund gelaufenen U-Boote U 20 und U 30 diente. Letztlich gelang es jedoch nur U 30 wieder freizukommen, während U 20 gesprengt werden musste.
Bedingt durch den Vorrang des U-Boot-Krieges verliefen die beiden Jahre 1917 und 1918 für die Seydlitz weitgehend ereignislos. Am 23.04.1918 war der Schlachtkreuzer nochmals an einem erfolglosen Vorstoß bis Stavanger beteiligt, ansonsten standen lediglich Stichfahrten und Übungen auf dem Programm.
Nach Kriegsende stand auch die Seydlitz auf der Liste der zu internierenden Schiffe. Sie verließ am 19.11.1918 Wilhelmshaven und erreichte am 24.111918 Scapa Flow, wo sich das Schiff am 21.6.1919 selbst versenkte.
Zum Vergrößern bitte anclicken
Das obige Foto zeigt Heizerpersonal des Seydlitz beim Gruppenfoto. Es handelt sich um Wehrpflichtige, die ihren Dienst 1912 begannen und zum Zeitpunkt der Aufnahme im März 1914 noch hofften, die Marine 1915 wieder verlassen zu können; eine Erwartung die sich durch den Krieg nicht erfüllen sollte. Mit auf dem Bild sind auch zwei Rettungsringe des Schiffs. Es handelt sich um rote Rettungsringe mit einer weißen Standartschrift aus Großbuchstaben ohne jede Besonderheit.